Diesen Hund hat Johann Wydyz im Jahr 1505 aus Holz geschnitzt und in seinen Dreikönigsaltar gestellt. Dieser Altar war bestimmt für eine Kapelle im Freiburger Palais des Herrn Konrad Stürzel von Buchheim, Hofkanzler des Kaisers Maximilian. Der Altar und so auch der Hund blieben dort auch nach der Umwandlung dieses Palais im Jahr 1587 in den“ Basler Hof“. Er erfreute die dorthin wegen der Reformation exilierten Basler Chorherren während 100 Jahren. Nach weiteren Zweckveränderungen dieses Gebäudes wurde die Kapelle im Jahr 1803 abgerissen. Die Holzfiguren des Altars kamen ins Münster. Dort hat der Kunstschreiner Joseph Dominik Glaenz im Auftrag der „Verschönerungskommission“ im Jahr 1823 einen neogotischen Altar aufgestellt. Und hier hat er diese Figuren eingebaut. Der Hund kauert immer noch zu Füssen von Melchior und Balthasar. Er ist eine Frühform des Kurzhaardackels, ein Archäodackel, wie seine Vorderfüsse zeigen.
Der Hund wirft viele drängende Fragen auf: Woher ist er gebürtig, und woher stammt der Floh, der ihn peinigt und den er bekämpft? Ist er ein persischer Hund und gehört zum Gefolge eines der Könige und wenn ja welches, und ist der Floh ein Bewohner des Stalles von Bethlehem, der sich über Abwechslung im Speiseplan freut? Oder ist der Hund ortsansässig aus Bethlehem stammend, hat sich der heiligen Familie angeschlossen und wurde von einem im Tierpark der Könige mitgebrachten persischen Floh befallen? Natürlich besteht auch die Möglichkeit, dass es sich um einen persischen Hund handelt, der seinen Floh aus Persien mitgebracht hat. Oder Floh samt Hund könnten auch bethlehemitisch sein. Unabhängig davon stellt sich die bange Frage: Hat dieser Floh, möglicherweise sogar mit weiteren Artgenossen, den Weg in die Krippe gefunden?
Unverzeihlicherweise hat sich die Theologie diesen Fragen bisher nicht gewidmet, und auch die Heilige Schrift gibt uns hierzu keine Antworten, ausser auf die letzte: Da sind Mt 15,23ff und Mk 7,24ff hilfreich. Hier wird erzählt, wie eine nicht-jüdische Frau Jesus um die Heilung ihrer schwerkranken Tochter bittet. Er lässt sie nach Strich und Faden abblitzen: Wunderheilungen gibt es für Heiden nicht, nur für Juden; anscheinend war die Zahl seiner Wunder kontingentiert. Und das sagt er hübsch blumig: “Es ist nicht recht, das Brot den Kindern wegzunehmen und es den Hunden vorzuwerfen.“ (Mk 7,27) Dieser Satz lehrt uns zwei Dinge: Wenn Jesus für seine grobe Abkanzelung den Vergleich von Heiden mit Hunden gebrauchte, so zeigt das, dass er Hunde nicht mochte. Das ist vermutlich zurückzuführen auf die frühestkindliche Erfahrung mit diesem Hund neben seiner Krippe und dessen Flöhen. Zum andern zeigt dieser Satz, dass Jesus zu damaliger Zeit noch einiges Entwicklungspotential hin zum universalen Menschenfreund hatte. Zugegeben, er hat dann doch Gnade vor Recht ergehen lassen und das Mädchen geheilt.
An dieser Stelle unserer Textarbeit platzt der Ministrant verspätet in die Redaktionskonferenz mit der Information, dass der Dackel unmöglich der Hund der Heiligen Dreikönige sein kann. Wie das entsprechende Gemälde von Hans Holbein d.J. im Oberried-Altar in der Universitätskapelle des Münsters zeigt, führten diese Herren keinen krummbeinigen Dackel mit sich. Sie hatten ein hochelegantes Windspiel mit modischem Halsband, in dessen kurzem Fell übrigens kein Floh ein Zuhause gefunden hätte. Der Ministrant meint, der Dackel sei vielleicht der Werkstatthund des Hl. Josef.
Übrigens, was Hans Wydyz und sein Auftraggeber bzw. theologischer Berater meinten, als sie dieses kleine Hundle in dieses fromme Ambiente stellten, war nicht zu erfahren.
Die Miniatur der nächsten Woche zeigt die Heilige Familie auf der Flucht nach Ägypten.