Mirjam von Magdala

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Im Neuen Testament wird sie nur in den Evangelien erwähnt. Unser Ministrant hat folgende Informationen über sie dort gefunden: Mit bürgerlichem Namen, also bevor sie in der lateinischen Kirche als heilige Maria Magdalena beschäftigt wurde, hiess sie Mirjam und stammte aus dem Ort Magdala am See Genesareth . In dieser Gegend hat Jesus mit seinen Aktivitäten angefangen. Er war sehr erfolgreich als Heiler in den beiden Formen der Besprechung bzw. Handauflegung und des Exorzismus, integrale Bestandteile der damaligen medizinischen Versorgung. Eine seiner erfolgreich behandelten Patientinnen war unsere Mirjam. Sie war wohl unendlich dankbar und wurde überzeugte Anhängerin Jesu, zusammen mit einer Reihe anderer Frauen. Sie werden in den Evangelien neun Mal unterschiedlich namentlich aufgeführt, als erste wird immer Mirjam genannt, sie war prominent in der primären Jesusbewegung. Vermutlich war sie reich und grosszügig (vgl. Lukas 8,1-3). Sie hielt Jesus treu die Stange bis zum bitteren Ende und wohnte mit anderen Frauen aus der Bewegung von Ferne der Kreuzigung bei; anders als die Männer, die sich mit gutem Grund verdrückt hatten. Mirjam blieb auch am Grab (Mt 27,55f und 61).

Und dann wird in allen vier Evangelien  von ihr berichtet, dass sie die allererste war, der sich der vom Tod auferstandene Jesus zeigte (Mt 28,9f; Mk 16,9; Joh 20,11). Die Johannesstelle ist sehr berührend: Mirjam schaut in die leere Grabkammer und weint. Sie meint, der Leichnam sei weggenommen worden. Da zeigt Jesus sich ihr, aber vor lauter Tränen in den Augen erkennt sie ihn zunächst nicht und hält ihn für den Gärtner. Sie fragt, wohin er den toten Körper gebracht habe, sie wolle ihn holen. Da ruft er sie beim Namen: „Mirjam“.  Und da erst erkennt sie ihn am Klang seiner Stimme und nennt ihn ehrfurchtsvoll „Rabbuni“, mein Rabbi. Dann will sie ihn anfassen, aber er bedeutet ihr, dass das nicht gehe – „noli me tangere“ wird das später heissen. Dann schickt Jesus sie zu seiner Truppe, dass sie denen als erste sagt, was geschehen ist, dass er den Tod überwunden hat und seine Bewegung sozusagen nach einem Quantensprung  jetzt erst recht weitergeht. Mit dieser Geschichte wird die Mirjam aus dem kleinen Städtchen Magdala zu einer zentralen Gestalt des nachösterlichen Aufbruchs.

Der Historisch-Kritische hat weiter recherchiert: Nach ihrem bravourösen Auftritt vor dem leeren Grab verschwindet sie befremdlicher Weise aus dem NT, wird nicht mehr erwähnt. In Traditionssträngen, die nicht in den Kanon der verbindlichen Schriften aufgenommen wurden, taucht sie aber im zweiten und dritten Jahrhundert noch ein paar Mal auf. Hier wird sie als bedeutende Lehrerin, Jesus besonders nahe stehend und als im Clinch mit Petrus liegend dargestellt.

In einem badischen Krimi von Brigitte Glaser fand unser Ministrant folgenden Satz, der, wie er meint, auch im Neuen Testament stehen könnte, so wahr wie er ist: „Liebe und Leid gehören zusammen. Wenn ich das eine will, muss ich das andere in Kauf nehmen.“ Mirjam, wie sie auf dem gewaltigen Hungertuch von 1612 gemalt ist, das von Aschermittwoch bis zum Mittwoch in der Karwoche den Hochaltar verdeckt, bekommt die Rechnung für ihre Liebe zum Herrn in schrecklicher Weise präsentiert. Auch sie eine Kollateralgeschädigte der Heilsgeschichte, wie sie zusammengesunken am Fuss des Martergalgens kauert. Aber im Unterschied zu den Männern zahlloser anderer Freundinnen und Witwen der Weltgeschichte wird er sie in drei Tagen superlebendig wieder anlächeln, falls die Geschichte von der Auferstehung stimmt. Aber da hat der Ministrant (fast) keine Zweifel.

Die Miniatur des nächsten Wochenendes bleibt scheinbar bei Mirjam von Magdala.

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