Hier auf dem Bild ist Paulus, ganz links, wütend. Die Zornesader schwillt bedrohlich. Vier seiner fünf Kollegen, die mit ihm zusammen auf dem linken Flügel des Hochaltars dargestellt sind, schauen angespannt mit ihm in gleicher Richtung, einer (den sieht man hier nicht, wegvergrössert) blickt, Zustimmung zu ihrem Protest heischend, zum Betrachter. Alle sind nicht nur voller Zorn, sondern auch voll des pfingstlichen Heiligen Geistes, wie die Flammenzungen über ihren Häuptern zeigen. Es ist der Petrus auf dem rechten Altarflügel, gegen den sich ihr Groll richtet. Er ist dort als geistloser Raffke dargestellt und steht dort für das verkommene Renaissancepapsttum der Jahre, in denen Hans Baldung Grien den Hochaltar malte.
Warum ist Paulus als Repräsentant des kirchlichen Protests gegen das verkommene Papsttum ausgewählt? Weil der historische Paulus schon mal in einer vergleichbaren Situation sich bewährt hat, wie er selbst erzählt: Im Streit um die Anwendung jüdischer Regeln auf Christen aus dem Heidentum hat er dem unsicher und unsauber taktierenden Petrus „ins Antlitz widerstanden“ (Gal 1,11). Der Papst gilt als Nachfolger des Petrus, die Bischöfe sind Nachfolger der Apostel, wie sie sagen. Warum lernt der Herr Erzbischof nicht von seinem Vorgänger/Vorbild Paulus und widersteht Rom ins Antlitz jetzt, wo dort die wenige Zeit, die der katholischen Kirche in Europa noch bleibt, verschlafen wird? Aber ach, er ist nicht der Hirte, der die Herde hegt und pflegt, er ist Roms Aufpasser im Breisgau, für den „Gehorsam“ (Pfingstansprache 2019) wichtiger ist als Verantwortung für seine Herde. Vor kurzem haben wir dem tadelnswerten Petrus schon eine Miniatur gewidmet.
Nächste Woche kehren wir zurück ins Paradies, aber nur, um es schleunigst wieder zu verlassen.