Draussen vor der Tür

Wir sehen hier im Tympanon des Schöpfungsportals eine Schwarzwälder Bauernfamilie aus dem Jahr 1360 – oder sind die grossen Pflanzen im Hintergrund eher mediterran? Sie sind auf jeden Fall nicht mehr im Paradies, aber nur aus Maloche scheint das Leben von Eva und Adam nicht zu bestehen. Immerhin hat man noch Muße, an dem Hügel, auf dem Eva sitzt und spinnt, kleine Blümchen zu kultivieren. Jetzt hat man ordentliche Kleider am Leib. Eva versteht was von Textilien. Sie hat sich ein feines, dem Oberkörper modisch eng anliegendes, an den Ärmeln hübsch verziertes Kleid gemacht. Ob sie sich für ihn, Prinzip Mausefalle, weil sie ja laut Gen 3,16 „Verlangen“ nach ihm hat, besonders lecker zurecht gemacht hat? Und ihr scheint das extraparadiesische Leben gut  zu bekommen. Sie wirkt frisch und jung und hat merklich abgenommen, was ihr sehr gut steht. Sein Patriarchenbart ist merklich länger ist als bei der Expatriierung. Er hat ein weites, grob wirkendes Gewand an, das zu seiner schweisstreibenden Arbeit mit der Hacke nicht recht passen will.  Eva hat hier weniger Kunstfertigkeit investiert als beim eigenen Kleid. Vielleicht damit er nicht noch begehrenswerter ist, was ihrer sichtbaren Konzentration auf ihre Arbeit abträglich wäre. Adam wirkt schon eher etwas mitgenommen, hat auch abgenommen. Er schaut ziemlich alt aus, obwohl erst ein einziges Kind, Klein Kain, im Eckle sitzt und spielt.  Der Rausschmiss kann also noch nicht allzu lange her sein. Insgesamt wirkt die Familienszene aber doch ziemlich idyllisch, und es bestätigt sich wieder, was der Ministrant immer behauptet: Beim Rausschmiss aus dem Paradies war Gott nicht wirklich böse, er hat uns so viele herrliche Sachen gelassen: Bratkartoffeln mit Spiegeleiern, die Liebe in allen ihren Variationen, Monteverdi und Mozart, die Trommler und Pfeifer von der Basler Fasnacht  und noch einiges mehr. Aber beim Turmbau von Babel, da hat er gnadenlos reingehauen und uns das mit den Fremdsprachen aufgebrummt, da war er offensichtlich wirklich sauer.

Wenn man Klein Kain so da kauern sieht, kann man sich gar nicht vorstellen, wie auffällig er einmal sein wird. Er hat offensichtlich ein intaktes Elternhaus. Wenn die Geschichte mit Lilith, angeblich Adams erster Frau, stimmt, so spielte diese vor der Ehe mit Eva. Sie brachte keine Turbulenzen, zumal diese Ehe aufgrund von „böswilligem Verlassen“ seitens der Lilith endete, womit diese definitiv weg war. Allerdings darf man nicht vergessen, wie der Ministrant in der Redaktionskonferenz zu bedenken gibt, dass das Elternpaar eine vielleicht traumatische, erzwungene Migrationsgeschichte hinter sich hat. Die hat sich vielleicht unheilvoll auf ihr Erziehungsverhalten ausgewirkt.

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