Wenn wir erfahren wollen, wie Satan ins Paradies und der Teufel in die Bibel kam, sollten wir etwas indiskret sein und einem jungen Ehepaar bei vertraulichem Gespräch zuhören. Wir sollten belauschen, was die wunderschöne Jüdin Esther, wenn sie mit ihrem Mann Xerxes, von Beruf persischer Grosskönig (486 – 465 v. Chr. im Dienst), kuschelte, so alles mit ihm geplaudert hat. Was sie sicher gerne von ihm gehört hat, weil das in Israel so üblich war, kann man im Hohen Lied im Alten Testament allenthalben nachlesen, z.B.: „Eine Lilie unter Disteln ist meine Freundin unter den Mädchen.“ (1,2) Und: „Ja, du bist schön. Zwei Tauben sind deine Augen.“ (1,15) Sie blamierte sich sicher nicht mit ihrer Entgegnung, etwa so: „Der Gazelle gleicht mein Geliebter, dem jungen Hirsch.“ (2,9)
Vielleicht hat sie ihm bei solcher Gelegenheit auch einmal die Gretchenfrage gestellt: „Glaubst du an einen persönlichen Gott, Xerxes?“ Falls das alles wie vielleicht die ganze schöne Geschichte von der wunderschönen Esther (s. das Buch Esther im AT) nicht nur blühende Phantasie ist – dagegen spricht, dass ihr zu Ehren die Juden ja heute noch das Purim-Fest feiern –, dürfte Xerxes ungefähr folgendes geantwortet haben: „Sicher, Estherschatz, sogar an zwei Götter, wir Perser sind nämlich Zarathustrier und damit Dualisten.“ Und hat ihr dann vom guten Gott Ahuramazda und vom bösen Gott Ahriman erzählt. Von denen hatte den Persern wiederum der sagenumwobene Zarathustra erzählt. Xerxes sagte vermutlich weiter, dass die Priester seiner Denomination, die Magier, fein raus waren, weil kein blöder Quassler sie mit der dämlichen Theodizeefrage in Verlegenheit bringen konnte: Warum hat der gute Gott das Böse in der Welt zugelassen? Ahuramazda hatte immer eine saubere Weste, weil für den Müll Ahriman zuständig war. Ob Esther beeindruckt war? Wir wissen es nicht.
Jemand anderer aber war vom Thema sehr beeindruckt, der ein paar Jahrzehnte früher wirkte (zwischen 550 und 539) und als Deutero-Jesaja bezeichnet wird. Er lehnt diese dualistische Vorstellung von zwei polaren Göttern vehement ab, denn sein Gott sagt: „Ich bin der Herr und sonst niemand. Der das Licht formt und das Dunkel erschafft, der das Heil macht und das Unheil erschafft, ich bin der Herr, der dies alles macht.“ (Jes 45, 6f.) Das hat einige Zeit gewirkt; in den Kreisen, die in Form des rabbinischen Judentums die Antike überlebt haben, bis heute. In anderen Gruppen des Judentums nicht, und insbesondere nicht in dem mit dem erstgenannten unversöhnlich verfeindeten Zweig des Judentums, der sogenannten Christenheit. Hier wurde eine besondere, etwas abgeschwächte Form des Dualismus liebevoll gepflegt. Zwar stand und steht hier kein böser Gott dem guten Gott gegenüber, wohl aber eine urtümliche gewaltige böse Kraft mit beträchtlichem Eigenleben.
Die Kunst kennt weder Proto- noch Deutero- noch Tritojesaia, sondern nur den Propheten Jesaja, und er schaut ernst oder gar grimmig seit etwa 1320 aus grosser Höhe aufs Markttreiben ums Münster herum herab. Welcher von den erhaltenen Herren – einer ging im Lauf der Jahrhunderte verloren – ausgerechnet Jesaja darstellt, wissen wir nicht, aber der hier könnte es sein.
Lieber Klaus vielen Dank für Deine beiden Zarathustrabeiträge. Dein Autorenteam scheint wohl im Urlaub zu sein? Wir vermissen den Beitrag des Ministranten! Nur du als Chefredakteur bist noch aktiv ? Herzliche Grüße aus Berlin Helmut und Regina
Von meinem iPhone gesendet
>
LikeLike
Ja, wir haben Schwierigkeiten mit dem Ministranten, er streikt. Er war bei der Frauendemo am Nachmittag des Priesterweihsonntags. Als die Niedrige und dann die Hohe Geistlichkeit feierlich aus dem Münster auszogen, schenkten sie den Demonstrantinnen huldvolle Winkewinke und auch als solches gemeintes Lächeln, was dem Ministranten aber eher als fast mitleidiges Grinsen vorkam über die zahnlosen Tigerinnen: Demonstriert nur, wir sitzen alles aus. Er sucht jetzt Kontakt zur Alt-Katholischen Gemeinde im Schwarzen Kloster. Vielleicht lässt er sich für ökumenische Zusammenarbeit mit uns gewinnen.
LikeLike