Wo im Münster das Längsschiff aufs Querschiff stösst, befindet sich hoch oben eine Fläche, die 1877 vom römischen Spätznazarener Seitz zusammen mit seinem Kollegen Mancinelli mit einer Marienkrönung bemalt wurde, dem Triumphbogengemälde. Unter dem königlich- himmlischen Hofstaat finden wir nochmals den schönen Rittersmann Bernhard, so wie man sich seinerzeit schöne Rittersmänner vorstellte. Das Gemälde entstand während der Bauzeit von Schloss Neuschwanstein mit gleicher Ästhetik. Die Befestigung der Flügel des Engels, der mit ihm zusammen der Madonna und ihrem Sohn huldigt, wirft technische Fragen auf.
Er ist falsch beschriftet als „S“ = Sanctus, wo er doch nur „B“ = Beatus ist. Bei Wikipedia kann man lesen, das sei er vermutlich deswegen nur, weil man im Hause Baden 1769 schon für den seligen Ururgrossonkel viel hatte blechen müssen; der heilige Onkel hätte die finanzielle Schmerzgrenze beträchtlich überstiegen. Aber auch so ist er Patron der Erzdiözese und anderes mehr. Stellt der Ministrant die Frage, was es für einen praktischen Unterschied macht, selig oder heilig? Sicher, das Einzugsgebiet eines Seligen ist kleiner, er ist nur territorial eingeschränkt verehrbar. Der Tor meint, es habe wohl auch Folgen für seinen Gebetserhörungsquotienten. (GEQ=Anzahl der Gebetserhörungen dividiert durch Zahl der in bestimmter Sache an bestimmte(n) Heilige(n) gerichtete Bittgebete überhaupt.)
Wie dem auch sei, es gab und gibt Kräfte, die ihn heilig sehen wollen. 1958 wurde ein erstes Mal sein Heiligsprechungsprozess eingeleitet, kam aber zum Erliegen. Am 10. Januar 2011 wurde dann vom damaligen Erzbischof Zollitsch die Wiederaufnahme des Heiligsprechungs-Verfahrens in der Diözese Freiburg eröffnet, das Material dann nach Rom gereicht. Rom reagierte am 8. November 2017 sehr positiv, indem Papst Franziskus Bernhard den „heroischen Tugendgrad“ zuerkannte, eine, wie Kenner versichern, wesentliche Voraussetzung für die Heiligsprechung. Und dann der Frost auf diese Frühlingsblüte: Am Freitag den 13.(!) Juli 2018 teilte der Vatikan mit, dass es doch nix werde, weil ein angegebenes Wunder nicht die akribische Prüfung zweier unabhängiger Gerichtsmediziner bestanden habe. Wer hat jetzt hier geschlampert? Der Selige, der nicht geliefert hat? Oder die Erzdiözese, die vorschnell ausgerufen hat: Schon wieder ein Wunder!? – Frage des Historisch-Kritischen: Welche Gerichtsmediziner haben die Wunder des turboblitzgeheiligten Johannes Paul II. überprüft?
In unserer Sitzung zu diesem Bild zeigte sich der Ministrant einerseits erleichtert, hatte er doch zuvor seine Sorgen darüber ausgedrückt, dass Heiligsprechungen für die zarte Pflanze Ökumene doch wohl nicht der richtige Dünger seien. Der Tor lachte ihn aus, das störe Rom sicher nicht. Man hätte dort doch kürzlich ein neues Marienfest, „Mutter der Kirche“, kreiert, und wenn man zeitgleich erneut die Frauenordination unter Betonung der päpstlichen Unfehlbarkeit ausschliesse (Gänswein und Ladaria), also drei weitere ökumenische Dollpunkte liebevoll pflege, dann sei die einzig mögliche logische Schlussfolgerung die, dass kein einflussreicher Mensch, d.h. Mann in Rom, der Papst eingeschlossen, zur Zeit Ökumene wirklich wolle. – Der Ministrant tröstet sich andererseits inzwischen mit dem Gedanken, dass die Heiligsprechung eines Junghocharistokraten des 15. Jahrhunderts, der sich möglicherweise vor allem dadurch auszeichnete, dass er sich nicht so saumässig aufführte wie viele seiner Standes-, Alters- und Zeitgenossen, der südwestdeutschen Jugend doch kein völlig überzeugendes Vorbild für ihr eigenes christliches Streben geboten hätte.