„Euch beim Jüngsten Hochgericht…

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… Gott erspart die Hölle nicht“ – so dichtete irgendwer, und die gesamte Redaktionskonferenz weiss nicht mehr, wer das war. Weiss das jemand von euch? Es klingt irgendwie nach Heinrich Heine oder Wilhelm Busch.

In unserer Jugend haben wir alle das jedenfalls geglaubt, nur Phöbe, unsere Teilzeitredaktionspraktikantin, ihres Zeichen Studentin der praktischen Theologie, kennt diese Geschichte nur noch von Erzählungen ihrer Grossmutter. Wir älteren hingegen wurden in unserer Kindheit und Jugend Samstag nachmittags, um uns vor diesem Schicksal zu bewahren, in die Kirche getrieben, haben manchmal stundenlang in Reih und Glied vor dem Beichtstuhl gewartet und haben dann – ich habe genascht, ich habe gelogen, ich habe die Katze am Schwanz gezogen – dem heiligen Mann dort drin unsere „Sünden“ bekannt. „Kotzbrechwürg“ sagt der Ministrant zu diesem Thema. Seitdem wurde, so scheint es, die Hölle zusammen mit dem Teufel de facto abgeschafft, auch wenn sie beide immer noch in den offiziellen Glaubensartikeln der Kirche stehen. Jesus scheint an beide geglaubt zu haben, wie der Historisch-Kritische bemerkt;  sind wir theologisch weiter als er? Der Tor fragt, ob die Kirche mit der Streichung des „Höllenmärchens“, wie er es nennt, mehr Publikum behalten oder mehr verloren habe. Sie sei jetzt kuscheliger, aber so habe sich auch das grösste Problem, das die Kirche zu lösen versprach (und das sie selber geschaffen habe), in Luft aufgelöst. Wofür brauche man sie jetzt noch? Phöbe wurde unwillig und sagte, die Hölle sei nicht abgeschafft worden, sondern das, was man mit dem Begriff der Hölle in mythisierender Weise angesprochen habe, werde nun direkt und frei ausgesprochen: „Höllisch“ sei nicht irgend ein Ort, sondern meine eine menschliche Seinsweise, sei, wie Ratzinger es gesagt habe, „Existieren in der endgültigen Verweigerung des ‚Seins-für‘“, oder weniger geschwallt und auf gut deutsch: in der vollständigen Lieblosigkeit. Phöbe ist manchmal anstrengend.

Ob die hier auf dem Bild das mit der drohenden ewigen Hölle geglaubt haben, wissen wir nicht mit Sicherheit, müssen es aber vermuten, die  mittelalterlichen Menschen waren anscheinend von grässlicher Höllenangst gequält. Falls ja, so hatte sie für sie keine Verhaltensrelevanz und sie müssen jetzt dran glauben: Im Tympanon des Hauptportals, in der dritten Reihe von unten, werden sie an einer scheusslichen Kette von zwei eigentlich ganz putzigen Teufelchen in den Rachen selbiger gezogen. Wie ihre Kleider zeigen, kann es arm und reich treffen, und die Dame in der Mitte kann den Geldsack, den sie hartherzig raffend gefüllt hat, zwar mitnehmen in die Hölle, aber er nützt ihr nichts mehr, Prosecco und edle Klamotten gibt’s dort nicht.

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