In Monteverdis „Marienvesper“ aus dem Jahr 1610 jubelt Maria mit Worten der Geliebten aus dem alttestamentlichen „Hohen Lied“. Sie jauchzt, weil Gott sie liebenswert findet: „Nigra sum, sed formosa, filiae Jerusalem…“ – „Braungebrannt bin ich, doch schön, ihr Töchter Jerusalems; darum hat mich der König lieb gewonnen und hat mich in sein Gemach geführt…“
Ernst wurde das mit Mariens Himmelfahrt, die bekanntlich am 15. August gefeiert wird. Und dort wartete eine weitere höchst erfreuliche Überraschung auf sie: Sie wurde zur Himmelkönigin gekrönt. Diese Szene ist dargestellt in luftiger Höhe im Wimperg über dem Hauptportal des Münsters in der Westwand des Turms. Maria sitzt ihrem göttlichen Sohn gegenüber, und Engel lassen ihre Himmelsköniginnenkrone auf sie herabschweben. Wie das logistische Problem, dass sie schon eine Krone auf dem Kopf hat – als Mutter (des) Gottes war sie schon hoch dekoriert – gelöst wurde, darüber lässt uns der ausführende Steinmetz im Unklaren.
Das Foto zeigt das Original des Kunstwerks, das inzwischen durch eine Kopie ersetzt wurde und jetzt im Augustinermuseum auf dem Altenteil sich ausruht von seiner jahrhundertelangen Verkündigungsarbeit. Es entstand etwa um das Jahr 1280 und ist offenkundig inspiriert von einem gleichsinnigen Werk an der bedeutenden französischen Kathedrale von Reims. An prominenter Stelle im Münster haben wir noch eine künstlerische Bearbeitung des Themas der Marienkrönung, das Zentralbild des Hochaltars von Hans Baldung Grien. Gut 230 Jahre jünger zeigt es eine bemerkenswerte Variation des Themas: Hier im Tympanon des Westportals wie auch sonst in dieser Zeit krönt nur der Sohn die Mutter, in der späteren Darstellung von Hans Baldung wie auch sonst in Darstellungen seiner Zeit bewerkstelligt das Gott Sohn zusammen mit Gott Vater.