Der Tod von Johannes dem Täufer

Eigentlich müsste man ihn wegen unterlassener Hilfeleistung belangen, den Engel, der nur interessiert zuschaut, wie der Henker des Herodes dem armen Johannes den Kopf abhaut. Was da passiert, ist ja keine Justiz, nicht mal ein Justizirrtum, sondern einfach nur Willkür eines drittklassigen Lokalherrschers von Roms Gnaden. Erinnern wir uns: Herodes hatte in den Augen des sittenstrengen Johannes Ehebruch begangen, und Johannes hatte das lautstark beanstandet, was dem Objekt der herodianischen Begierde auf den Geist ging. Es, also die Herodias, erbat sich deswegen bei sich bietender Gelegenheit – Herodes meinte, ihrer Tochter was schuldig zu sein – den Kopf des Johannes, was der bekanntermassen nicht überlebte. Und so wurde Johannes, seiner Zeit weit voraus, zu einem der ganz grossen Heiligen der christlichen Kirchen.- Soweit waren wir uns in der Redaktionskonferenz einig. Aber dann sinnierte der Tor: Vielleicht gibt es einen ganz einfachen Grund für die Untätigkeit des Engels. Immerhin war Johannes auf dem Markt endzeitlicher Erweckungsbewegungen im 1. Jahrhundert Mitanbieter und somit Konkurrent zu Jesus. Vielleicht sieht der Engel die Massnahme des Herodes als eine Marktbereinigung im Interesse seines Juniorchefs, in die er nicht eingreifen wollte. Die übrige Redaktionskonferenz drückte dieser These gegenüber ihre Missbilligung aus. Dargestellt ist die Szene im Gewände des Innenportals in der Turmhalle, im Sockel unter dem mittleren heiligen Dreikönig, dem wir den Namen Melchior gegeben haben.    

           

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