Zur Logistik von Margaretha und Katharina, beide heilig

Wir waren uns in der Redaktionskonferenz einig: Wir würden keine von den beiden als Namenspatronin einer Tochter wählen, obwohl beide hochgerühmt zu den 14 Nothelfern und den vier „virgines principales“, also den „Hauptjungfrauen“, zählen, die Heilige Margaretha von Antiochien und die Heilige Katharina von Alexandrien. Aber sie haben nie existiert, sind nur Geschöpfe der Phantasie der Erfinder ihrer Legenden; und die Legenden sind im übrigen dürftig und phantasielos, einem Grundtyp folgend, der beliebig mit Frauennamen ausgefüllt und mit grausig-perversen Details ausgeschmückt werden konnte. Trotz des theologischen Sachverstandes unseres Ministranten und des Historisch-Kritischen war es uns nicht möglich zu klären, ob es was bringt, wenn man nichtexistierende Heilige um himmlische Fürsprache bittet.

Aber sie stehen nun mal in der Turmhalle, ganz in der Südwestecke, wenn man die Halle verlässst, ganz links vorne. Was tun sie dort, was ist ihre Logistik (vom franz. Wort „logis“, „Unterkunft“ für Truppen, Waffen, Material), zu welchem Zweck hat man sie dort untergebracht? Die Komposition der Turmhalle gibt uns die Antwort:

Wenn die frommen Bobbele am Sonntag das Münster Richtung Sonntagsbratenduft verlassen, so geleiten sie rechts in der Turmhalle die „Klugen Jungfrauen“ und einige Premium-de-luxe-Heilige, die ihnen mitteilen, wie sie die kommende Woche leben sollen. Aber ganz vorne im Westen, grade vor dem Ausgang des Münsters, da grätschen gleichsam zwei Lottergestalten vor, Herr Welt und Frau Venus (oder wie wir sie sonst nennen sollen), die Rang, Macht, Geld und Sex repräsentieren, Inbegriff von fehlleitendem Begehrten. Aber sie dürfen da keine Werbung machen für ihre Sache, nein, im Gegenteil, sie sollen warnen: Seid nicht leichtsinnig, fromme Seelen, trotz aller guter Beispiele wacht der oder das Böse und will euch vom rechten Pfade abbringen.

Aber auch auf der linken Seite der Halle sieht der bzw. die kirchenflüchtige Bobbele Erbauliches. Da stehen nämlich die fünf „törichten Jungfrauen“ mit ihren traurigen Lampen ohne Öl (und ihrer Unkeuschheit im Herzen, wie das Mittelalter weiss). Aber sie haben eine wichtige Aufgabe in der Heilsgeschichte, da sieht der spottende Tor Parallelen zu sich, sie dienen nämlich als warnende schlechte Beispiele, und das können sie wirklich. (Und neben ihnen die sieben Freien Künste – sie wissen nicht recht, was sie hier sollen.) Und wiederum ganz vorne im Westen, unmittelbar zur Linken des Ausgangs, da grätschen förmlich wiederum zwei Gestalten vor, diesmal unsere beiden frommen Frauen, Margaretha mit dem Drachen und Katharina mit dem Rädle,  – wie gegenüber die zwei Lottergestalten. Aber sie warnen nicht, sie sprechen Mut zu: Verzagt nicht, ihr lieben Freiburgerinnen und Freiburger, die Bösen mögen noch so zahlreich sein, aber Gott und seine Heiligen stehen euch hilfreich zur Seite. Und sie sind wirklich überzeugend, hat doch Margaretha den Teufel in Person, der sich ihr in Drachengestalt genähert hat, einfach mit dem Kreuzeszeichen abserviert. Und Katharina hat 50 neunmalkluge Philosophen und ihr ganzes  heidnisches, irreleitendes Geschwätz als Superphilosophin aus der Kraft ihres Glaubens widerlegt.

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